Clara und Elise und die Schönheit des Winters und des Neuanfangs
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Über Nacht war der erste Schnee in die Stadt gekommen und hatte die Betonränder in etwas Weiches und Magisches verwandelt. Während das blasse Morgenlicht durch die frostbedeckten Fenster ihrer Wohnung fiel, streckte sich Clara träge auf dem Sofa aus, eine Wolldecke über ihre Beine gelegt. Auf der anderen Seite des Zimmers stand Elise am Fenster, ihr Atem beschlug das Glas, während sie die schneebedeckte Welt unter sich bestaunte.
„Ist es nicht unglaublich?“, sagte Elise und drehte sich zu Clara um. Ihre Wangen waren von der kalten Luft gerötet, die sie zuvor hereingelassen hatte, als sie das Fenster öffnete, um ein oder zwei Flocken zu erhaschen. „Die Stadt fühlt sich irgendwie … neugeboren an.“
Clara lächelte und legte das Buch weg, das sie vorgetäuscht hatte zu lesen. „Jeder Winter ist wie ein Liebesbrief an die Möglichkeit, neu anzufangen“, sagte sie und stand auf, um sich zu Elise ans Fenster zu setzen. Sie drückte ihre Hand auf Elises Rücken und fuhr langsam einen Kreis durch den Strick ihres Pullovers. „Es ist eine gute Erinnerung daran, dass selbst die geschäftigsten und lautesten Orte sanfter werden können.“
Die Wohnung war ein Spiegelbild ihres gemeinsamen Lebens, ein Raum, in dem jedes Detail Absicht trug. Dunkle Holzmöbel trafen auf sanfte Vintage-Akzente: ein Stapel abgegriffener Gedichtbände, getrocknete Eukalyptuszweige, die mit Samtbändern zusammengebunden waren, und jetzt, im Herzen des Raumes, ihr winterliches Herzstück – ein dekorierter Ort, an dem sie oft handgefertigte Duftkerzen anzündeten.
Elise streckte die Hand aus, um eine der Kerzen anzuzünden, ihre Finger waren flink bei dem Ritual. Der Duft von frostigen Kiefern und Grün erfüllte fast sofort die Luft und vermischte sich mit subtilen balsamischen Noten. Clara schloss die Augen und atmete tief ein. „So“, murmelte sie, „so sollte der Winter riechen.“
Elise nickte und ihr Blick wurde sanfter. „Sie erinnern mich an die Weihnachtsmärkte in Bayern, nicht wahr? All diese warmen, leuchtenden Stände, die handgemachten Ornamente, der Geruch von gerösteten Nüssen …“ Ihre Stimme verstummte, verloren in Erinnerungen.
„Aber hier sind wir“, sagte Clara und zog Elise in eine lockere Umarmung, „und verwandeln unsere kleine städtische Ecke in etwas ebenso Magisches. Winter muss nicht bedeuten, die Stadt zu verlassen. Wir haben das Beste davon zu uns geholt.“
Draußen begann es wieder zu schneien, dick und schwer, und ließ das Summen des Verkehrs unten verstummen. Elise drehte sich in Claras Armen um und strich sich mit den Fingern über die Wange. „Denkst du, Schnee empfindet diese Jahreszeit genauso wie wir? Als wäre es eine Chance, alles zu bedecken, was vorher war, und einfach … neu anzufangen?“
„Vielleicht“, sagte Clara mit einem Grinsen. „Oder vielleicht macht er einfach alles schöner.“
Elise lachte und beugte sich vor, küsste Clara sanft, während das Kerzenlicht hinter ihnen flackerte. Später würden sie sich warm einpacken und durch die schneebedeckten Straßen schlendern und staunen, wie der Winter selbst die urbansten Landschaften weicher machte. Für den Moment waren sie zufrieden, hier zu bleiben, und der warme Glanz nostalgischer Weihnachtsdüfte verwob ihre Geschichte in die Verwandlung der Jahreszeit.
„Auf einen Neuanfang“, flüsterte Clara.
„Und darauf, in allem Schönheit zu finden“, antwortete Elise.