A snowy day with two people walking around a lake surrounded by a forest

Loras Wintertagebücher und verwandte Seelen

Lora liebte den Winter auf eine Weise, die die meisten Menschen nicht verstanden. Für sie war es nicht nur eine Jahreszeit voller Frost und Kälte – es war eine Symphonie aus Stille und Licht. Sie liebte es, wie der Schnee wie Flüstern fiel, wie die Bäume still und majestätisch dastanden und wie die Welt innezuhalten schien und auf etwas wartete, das nur die Jahreszeit bringen konnte.

Ihr kleines Häuschen, am Rande eines Waldes gelegen, war ihr Zufluchtsort. Jeden Abend zündete Lora ihre liebsten Winterkerzen an, deren warmes Leuchten und subtile Düfte ihren Raum in einen Kokon der Behaglichkeit verwandelten. Sie liebte es, wie das flackernde Licht auf den frostbedeckten Fenstern tanzte, eine stille Einladung, sich in der Magie des Winters zu verlieren.

Es war Mitte Januar, und der Schnee lag dick auf dem Boden und dämpfte jedes Geräusch. An diesem Morgen packte Lora eine kleine Tasche mit ihrem Tagebuch, einer Thermoskanne mit heißem Tee und schnappte sich eine ihrer Kerzen in einem stabilen Glasgefäß. Sie liebte die Atmosphäre, die sie schufen, sogar draußen in der Wildnis. Sie zog ihren dicksten Mantel an, hüllte sich in einen Wollschal und ging in den Wald, während ihre Stiefel leise im Schnee knirschten.

Der Wald fühlte sich in seiner Stille lebendig an. Die Bäume standen hoch und still, ihre Äste schwer vom Schnee. Lora folgte ihrem Lieblingspfad, bis sie eine kleine Lichtung erreichte, auf der ein zugefrorener See in der blassen Wintersonne schimmerte. Sie stellte ihre Tasche ab, zündete die Kerze an und schmiegte sie neben sich in den Schnee. Ihr sanftes Licht flackerte und erzeugte eine warme Blase gegen die Kälte.

Als sie ihr Tagebuch öffnete, um zu schreiben, bemerkte sie eine Bewegung auf der anderen Seite des Sees. Ein Mann kniete am gegenüberliegenden Ufer, eine Kamera in der Hand, und stellte sein Objektiv ein. Sein Hut war tief über dunkle Locken gezogen und sein Schal flatterte sanft im Wind. Lora beobachtete, wie er seinen Schnappschuss einrahmte, völlig konzentriert auf die Szene vor ihm.

Das leise Knirschen ihrer Stiefel im Schnee musste seine Aufmerksamkeit erregt haben, denn er sah erschrocken auf. Einen Moment lang starrten sie sich einfach über die gefrorene Fläche hinweg an, als hätte die stille Magie des Augenblicks auch sie eingefroren.

„Hallo“, rief er, sein Atem war in der kalten Luft sichtbar. „Tut mir leid, wenn ich störe. Dieser Ort ist zu schön, um ihn nicht einzufangen.“

„Sie stören nicht“, sagte Lora, und ihre Stimme war mühelos über den See zu hören. „Es ist auch mein Lieblingsplatz.“

Der Mann zögerte, bevor er aufstand und auf sie zukam. Als er näher kam, bemerkte Lora, wie seine Augen das Licht reflektierten, warm und hell vor der winterlichen Kulisse. „Ich bin Charlie“, sagte er und streckte eine behandschuhte Hand aus.

„Lora“, antwortete sie lächelnd.

Sie saßen zusammen am Rand des Sees und erzählten Geschichten über ihre Winterrituale. Charlie war Naturfotograf und wurde von der unberührten Schönheit dieser Gegend angezogen. Lora erzählte von ihrer Liebe zu Kerzen und wie sie sie in diesen ruhigen Momenten begleiteten und ihr überall, wo sie hinging, ein Gefühl der Ruhe vermittelten.

„Du bist der erste Mensch, den ich getroffen habe, der den Winter so liebt wie ich“, sagte Charlie, und sein Atem kräuselte sich in der Luft. „Die meisten Leute beschweren sich nur über die Kälte.“

„Ich glaube, der Winter lässt einen aufmerksam sein“, sagte Lora leise. „Auf die kleinen Dinge – wie der Schnee im Sonnenlicht glitzert, wie die Luft so sauber riecht, der Klang der Stille. Das alles übersieht man so leicht, wenn man es eilig hat.“

Sie blieben, bis die Sonne unterging und den Himmel in sanfte Rosa- und Lilatöne tauchte. Als sie zusammen durch den Wald zurückgingen und ihre Schritte im Rhythmus fielen, spürte Lora die Wärme von etwas Neuem, das unter der eisigen Stille der Jahreszeit erblühte.

Später am Abend, als sie am Feuer saß, ihr Tagebuch auf dem Schoß, lächelte sie und schrieb:

„In der Stille des Winters habe ich jemanden gefunden, der dieselbe Melodie im Schnee hört, dasselbe Licht im Frost sieht und dieselbe Magie in der Stille spürt.“

In diesem Winter entdeckte Lora, dass ihre Lieblingsjahreszeit nicht mehr nur der Einsamkeit diente – sondern auch der Verbundenheit.
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